More than meets the eye Greg Bogin, Wolfgang Laib, Klaus Mosettig, Bettina Pousttchi, Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger, William Tucker
Die visuelle Wahrnehmung erklärt unsere Lebenswelt nicht abschließend. Auch unsere anderen Sinne vermögen dies nicht umfassend zu leisten. Oftmals bedarf es der Vorstellungskraft, um uns die Dinge und Phänomene unserer Lebenswirklichkeit erst gänzlich bewusst zu machen und Möglichkeitsräume zu öffnen, die grösser sind als die empirisch wahrnehmbare Oberfläche. More than meets the eye zeigt ausgewählte Arbeiten von sieben Künstlern, deren Werke durch Ambivalenz, Prozess, Potentialität oder visuelle Irritation über das Augenscheinliche hinausgehen.
Greg Bogin (USA, *1966, arbeitet in New York) zeigt zwei Bilder der neuen Werkgruppe All Smiles. Die klaren Kompositionen, perfekten Oberflächen und leuchtenden Farben erinnern an Piktogramme, ohne jedoch eine erkennbare Zuweisung zu machen. Die Bildtitel Seconds Away und Ziggy geben den Arbeiten eine weitere assoziative Ebene und lassen an David Bowie’s Ziggy Stardust von 1972 denken. Die shaped canvases — bei Seconds Away mit einer runden Aussparung — stellen die Bilder auch in einen skulpturalen Zusammenhang.
Wolfgang Laib (*1950, arbeitet bei Ulm und Madurai) zeigt ein kleines Glas mit gesammeltem Blütenstaub von Haselnuss. Der im Gefäß verwahrte Blütenstaub ist nur die eine Präsentationsform des Werkes. Die andere ist der zum rechteckigen Feld ausgestreute Blütenstaub, wie ihn Laib im Januar im MoMA New York installieren wird.
Klaus Mosettig (*1975, arbeitet in Wien) präsentiert Untitled 1950.3/17 und Untitled 1950.3/18, zwei Arbeiten mit dem gleichen Motiv. Die genaue Betrachtung zeigt, dass es sich um zwei originale Bleistiftzeichnungen handelt und damit — an der Grenze der Wahrnehmbarkeit — keineswegs um identische Arbeiten. Beide Zeichnungen haben ihren Ursprung in einer Arbeit von Jackson Pollock. Der expressive Gestus von Pollock weicht dem prozesshaften, meditativen Zeitraum bei Klaus Mosettig. Das Abbild erreicht eine eigene Gültigkeit wie das ›Projektoren-Portrait‹ Pradovit N24, wo das Licht des Diaprojektors auf ein Blatt Papier geworfen wird, und Mosettig die Fehlstellen und den Staub auf der Linse mit Bleistift festhält.
Bettina Pousttchi (*1971, arbeitet in Berlin) zeigt Panorama, eine Skulptur aus Muranoglas. Die Arbeit bildet den visuellen Anker der Installation. Jedes einzelne Werk der Ausstellung sowie die Betrachter zeigen sich auf der silbernen Spiegelfläche der Kuppel, die an einen konvexen Überwachungsspiegel denken lässt.
Die Fruchtschale von Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger (*1967 und *1964 arbeiten in Langenbruck/Schweiz) ist ein Werk, das sich über die Laufzeit der Ausstellung verändern wird. Die feinen rosafarbenen Kristalle aus Kunstdünger werden die blaue Fruchtschale immer weiter überziehen, ohne dass die Form oder ein Ende des Prozesses vorhersehbar ist.
William Tucker (*1935, arbeitet bei New York) zeigt zwei Skulpturen von eindringlicher Präsenz, Siren und Cave, die wie Felsbrocken oder Landschaften im Raum stehen. Mit ihrer urwüchsigen Körperlichkeit sind die Arbeiten im Detail der Oberfläche präzise und fein modelliert. Tuckers Skulpturen verschmelzen Abstraktion und Figur, Emotionalität und Rationalität.
Wolfgang Laib
Geboren 1950 in Metzingen. Lebt und arbeitet in Süddeutschland.
Klaus Mosettig
Born in 1975, Graz, Austria.
Lives and works in Vienna, Austria.
Bettina Pousttchi
Geboren 1971 in Mainz. Lebt und arbeitet in Berlin.
William Tucker
Geboren 1935 in Kairo, Ägypten. Lebt und arbeitet in Massachusetts, USA