Tatsuo Miyajima — Life Face On Gold
Mit Life Face on Gold kündigt die Buchmann Galerie die elfte Einzelausstellung von Tatsuo Miyajima (*1957 in Tokio) in der Galerie an.
Seit über 30 Jahren befasst sich Tatsuo Miyajima in seiner künstlerischen Arbeit an der Schnittstelle von Technologie, Digitalität und Kunst mit existenziellen Fragestellungen zum Wesen und der Empfindung von Zeit und Raum. Mit seinem vielschichtigen Werk setzt Miyajima wichtige künstlerische Impulse und gilt als einer der relevantesten japanischen Künstler der Gegenwart. Sein Werk wird oft in Verbindung mit Lee Ufan oder On Kawara rezipiert und ausgestellt, unter anderem in der vielbeachteten Ausstellung 'STARS: Six Contemporary Artists from Japan to the World', bei der 2020 neben Tatsuo Miyajima und Lee Ufan auch Yayoi Kusama, Takashi Murakami, Yoshitomo Nara und Hiroshi Sugimoto im Mori Art Museum in Tokio ausstellten.
Drei Gedanken, die der Künstler früh in seiner künstlerischen Laufbahn als Leitlinien seiner Arbeit aufgestellt hat, stehen im Zentrum des Werkes: "Keep Changing", "Connect with Everything" und "Continue Forever". Sie bilden die konzeptuelle Grundlage für die teils monumentalen Installationen, Skulpturen und Performances und auch für das zeichnerische Oeuvre. Miyajima beschreibt damit das Wesen der Zeit im Verhältnis zu allem Lebendigen. Die visuelle Übersetzung in den Werken des Künstlers sind Zahlen und Zahlenreihen. Sie stehen metaphorisch für das Leben und die Vergänglichkeit. Zahlenfolgen verlaufen von 1 bis 9 oder von 9 bis 1 und wiederholen sich kontinuierlich als Zyklus als eine Art Reise von Leben zu Tod, dessen Endgültigkeit durch die Zahl "0" oder den Nullpunkt symbolisiert wird, aber bei Miyajima nie als Zahl, sondern als visuelle Aussparung oder Lücke erscheint.
Die Ausstellung in der Buchmann Box präsentiert erstmals in Europa die Werkserie Life Face on Gold, die insgesamt 40 Arbeiten in zwei unterschiedlichen Formaten umfasst.
Für die Serie belegte Miyajima großformatiges festes Papier vollflächig mit Blattgold, in welches dann wiederholt eine von ihm entworfene, an eine LED Ziffer erinnernde Zahl Acht als horizontale Zahlenreihe oder in fünf Zahlenkolonnen geprägt wurde. Über die geprägte Acht wurde abschließend mit Siebdruck eine individuelle Abfolge von Zahlen zwischen 1 und 9 präzise in weißer Farbe aufgebracht. Da die Zahl Null wie erwähnt nicht visualisiert wird, erscheint an manchen Stellen in der Zahlenreihe eine Leerstelle oder blinde Zahl.
Die vollflächige Blattvergoldung des Bildgrundes zitiert west-östliche Kulturgeschichte, als eine Öffnung des Bildes in eine metaphysische oder auch sakrale Welt hinein. Das rationale des Zählens scheint in Schwebe gehalten zu sein. Auch der installative Aspekt der Arbeiten, die je nach Lichtverhältnissen ein sublimes, goldgetränktes Licht reflektieren, trägt hierzu bei. Die Zahlenfolge entspringt dem intuitiven Impuls des Künstlers bei der Entstehung des Werkes und folgt keiner mathematischen oder kodierten Folge.
Die Auseinandersetzung mit der Zahl, dem Zählen und dem Raum lag auch der wegweisenden Arbeit Mega Death zugrunde, mit der Miyajima 2001 Japan auf der 49. Biennale in Venedig vertrat. Die monumentale Rauminstallation, die sich mit der Vergänglichkeit des Lebens und der kollektiven Erfahrung des Todes auseinandersetzte, bestand aus 2400 blauen LED-Displays, die Zahlen rückwärts von 9 bis 1 zählend in endlosen Zyklen anzeigten. In unregelmäßigen Abständen schalteten sich alle Zahlendisplays auf einen Schlag aus und tauchten den Raum in völlige Dunkelheit, was einen Moment des „kollektiven Auslöschens“ symbolisierte und Betrachtende in eine Orientierungslosigkeit versetzte. Danach aber erwachte das Leben erneut: die einzelnen LEDs begannen abermals mit Eins(*) beginnend zu zählen. Mega Death ist eine meditative Reflexion über Sterblichkeit, Erinnerung und Erneuerung.
Tatsuo Miyajimas Beschäftigung mit Konzepten der Zeit, ihrer (Un-) Berechenbarkeit und kulturellen wie existenziellen Dimension ist auch Thema der über 8 Meter messenden ikonischen LED Installation Region 200, welche die Buchmann Galerie vor einigen Jahren an die Sammlung des Museum M+ in Hong Kong vermitteln konnte. Region 200 ist derzeit in der Ausstellung Shanshui: Echoes and Signals neben Werken von u.a. von Isamo Noguchi und Lee Ufan zu sehen.
Eine der zentralen Erkenntnisse, die Tatsuo Miyajima aus seiner Auseinandersetzung mit Technologie gewonnen hat, ist, dass der Mensch damit nicht unbesiegbarer geworden ist. Nach den schweren Naturkatastrophen in Japan und einer globalen Pandemie betonte er in einem Interview, dass eine Reflexion über die grundlegenden Werte des Lebens erforderlich sei:
„Mit der Entwicklung von Wissenschaft und Technik geben wir Menschen uns der Illusion hin, dass wir alles tun können, und versuchen, die Natur nach Belieben zu manipulieren. Aber die Natur und das Universum verhalten sich auf unvorhersehbare Weise“ so Miyajima.
Werke des Künstlers sind u.a. vertreten in den Sammlungen der Tate Gallery London, der Bayerischen Staatsgemäldesammlung München, der La Caixa Barcelona, der Deste Foundation Athen, dem Museum of Contemporary Art Chicago, im Museum of Contemporary Art Tokyo, dem Leeum Seoul, dem Kunstmuseum Bern und dem M+ in Hong Kong.
In den letzten Jahren fanden Einzelausstellungen des Künstlers im Minsheng Museum Shanghai, dem Chiba City Museum in Chiba, Japan, im Skulpturenpark Waldfrieden, Wuppertal, im Santa Barbara Museum of Art sowie im EMMA Museum in Espoo, Finnland statt.
Für weitere Informationen über den Künstler oder Abbildungen seiner Werke können Sie gerne jederzeit die Galerie kontaktieren.
Tatsuo Miyajima
Born 1957 in Tokyo. Lives and works in Ibaraki, Japan.
2012 - 2016 Kyoto University of Art & Design Vice President
2006 - 2016 Tohoku University of Art & Design Vice President
1986 | Completed postgraduate studies at Tokyo National University of Fine Arts and Music (M.A.) |
1984 | Graduated from Oil Painting Course, Fine Arts Department, Tokyo National University of Fine Arts and Music (B.A.) |
1998 | London Institute honorary doctorate |
1993 | Fondation Cartier pour l'art contemporain, Paris |
1990–1991 | DAAD Scholarship Berliner Kunstprogramm Berlin, |
1990 | ACC - Asian Cultural Council, New York |
National Museum of Modern Art, Kyoto, Japan
Hara Museum of Contemporary Art, Tokyo, Japan
Museum of Modern Art, Shiga, Japan
Nagoya City Art Museum, Nagoya, Japan
Museum of Contemporary Art, Tokyo, Japan
Panasonic Museum in Osaka, Japan
FARET Tachikawa, Tokyo, Japan
TV Asahi building, Tokyo, Japan
Tokyo Opera City, Tokyo, Japan
Chiba City Museum, Chiba, Japan
Group Home Sala in Florence Village, Akita, Japan
The Museum of Modern Art, Saitama, Japan
Contemporary Art Museum, Kumamoto, Japan
Toyota Municipal Museum of Art, Aichi, Japan
Saitama Prefectural University, Saitama, Japan
Izumi City Plaza, Osaka, Japan
Naoshima Contemporary Art Museum, Kagawa, Japan
Iwaki City Art Museum, Fukushima, Japan
Hiroshima City Museum of Contemporary Art, Hiroshima, Japan
M+ Museum, Hong Kong
Taipei Fine Arts Museum, Taiwan
Samsung Cultural Foundation, Seoul, Korea
Leeum, Samsung Museum, Seoul, Korea
Chinese Telecom, Taipei, China
Tate Gallery, London, UK
The British Museum, London, UK
Deste Foundation for Contemporary Art, Athens, Greece
Fondation Cartier pour l'art contemporain, Paris, France
Kunstmuseum Bern, Bern, Switzerland
Kunstmuseum St. Gallen, Switzerland
Université de Genève, Switzerland
La Caixa, Barcelona, Spain
Pinakothek der Moderne, Munich, Germany
Kunstmuseum Stuttgart, Germany
Fondazione TESECO per l'Arte, Pisa, Italy
Chateau La Coste, Aix-en-Provence, France
Modern Art Museum of Fort Worth, Texas, U.S.A.
San Francisco Museum of Modern Art, San Francisco, U.S.A.
Museum of Contemporary Art, Chicago, U.S.A.
Dallas Museum of Art, U.S.A.
Denver Art Museum, Denver, U.S.A.
Dannheisser Foundation, New York, U.S.A.
National Gallery of Canada, Ottawa, Canada
Oakville Galleries, Oakville, Canada
Australian Museum, Sydney, Australia
2005 | ARTISTS SUMMIT, KYOTO, Kyoto University of Art and Design, Kyoto, Japan |
2002 | Collaboration with SOPHNET (fashion design brand) 2002 A/W Collection Tokyo 1000 Real Life Project - Death Clock, Tokyo |
2000 | Floating Time - Hospice Project, Sotoasahikawa Hospital, Akita |
1998 | Portfolio for The Edge of Awareness |
1995 | Portfolio for 4. Uluslararasi Istanbul Bienali-ORIENT / ATION |
1994 | Mirror, multiple, Spiral, Tokyo |
1993 | Over Economy, acrylic, pencil on bank note \10,000 |
1992 | Project for PARKETT |
1984 | Time Funeral, record jacket, SMS Records |