Invitation Infinity Group Exhibition
Infinity – Alberto Garutti, Peter Halley, Tatsuo Miyajima, Roman Opalka, Lee Ufan, Clare Woods
26. März—23. April 2022

Infinity – Alberto Garutti, Peter Halley, Tatsuo Miyajima, Roman Opalka, Lee Ufan, Clare Woods

26. März—23. April 2022
Buchmann Galerie
Pressemitteilung

 

Der Begriff der Unendlichkeit wird auf Phänomene angewandt, die das Quantifizierbare überschreiten, bei der unsere Systeme der Messbarkeit keine exakten Informationen mehr liefern. An diesem Punkt betreten wir einen Bereich, in dem sich das rein Metrische mit dem Transzendenten überkreuzt, mit dem Spirituellen und philosophisch Spekulativen. Künstlerisches Schaffen entsteht oft entlang dieser Linie – von der klaren Lokalisierung bis zur ephemeren Erscheinung. Die Werke der Künstler in der Ausstellung lassen sich alle - in der einen oder anderen Weise - auf den Begriff der Unendlichkeit beziehen.

 

So scheint die Vorstellung vom Endpunkt des Messbaren, und einem möglichen Anfang der Unendlichkeit in dem Werk Orizzonte von Alberto Garutti (*1948, Galbiate, IT) auf. Jedes Werk der 1987 begonnenen Serie Orizzonte steht mit dem Zusatz des Namens des jeweiligen Eigentümers/in im Werktitel in einer immer währenden Beziehung zu dem/der selbigen, und schreibt sich somit immer weiter fort. "Wenn ich einen neuen Horizont entwerfe, stelle ich mir immer vor, dass die gerade Linie mein Atelier verlässt, die Häuser der Sammler betritt und sich mit den anderen verbindet, um den 'idealen' Horizont meines Lebens zu konstruieren, die Vereinigung all derer, die mein Werk lieben und unterstützen"(*), so der Künstler. Die scharfe horizontale Teilung in eine weisse und eine schwarze Fläche, in der sich der umgebende Raum spiegelt, schafft eine Assoziation von unendlichem Raum hinter der Linie des Horizonts.

 

Im Jahr 1965 traf der in Frankreich geborene polnische Künstler Roman Opałka eine fundamentale künstlerische Entscheidung, die fortan sein weiteres Leben und Werk bestimmen sollte. Er entschied für die Dauer seines Lebens Zahlen von eins bis unendlich zu malen, die von einer Leinwand zur nächsten fortschreiten sollten. Mit einem feinen Pinsel, startend mit einer kleinen "1" in der oberen linken Ecke einer schwarzen Leinwand in den Massen 195 x 135 cm fuhr der Künstler fort, saubere Reihen winziger aufeinander folgender Zahlen von einer Seite der Leinwand zur anderen zu malen. Als er die untere rechte Ecke erreichte, hatte er die Zahl 35.327 erreicht. Das nächste Bild begann dann mit dieser Ziffer etc. Ab 1971 beginnt Opalka die Grundfarbe der Leinwand bei jedem neuen Bild um 1% weisser zu machen. Zum Zeitpunkt seines Todes im August 2011 hatte Opalkas jahrzehntelange Zählung 5.607.249 erreicht. Im Verlauf von 46 Jahren entstanden 233 Leinwände. Den Gemälden hält Opalka sein photographisches Porträt entgegen, das er mit dem immer gleichen Ausdruck von sich aufnahm. Diese Fotografien dokumentieren eindrucksvoll die Wandelbarkeit allen Seins.

 

Tatsuo Miyajimas (*1957, Tokyo) Arbeit Life (ku wall) besteht aus Zahlenanzeigen aus Leuchtdioden (LEDs), die in einem schwarzen quadratischen Objekt in unvorhersehbaren Geschwindigkeiten und Positionen aufleuchten. Die Zahlen von 1-9 – die 0 wird, wie im gesamten Werk von Tatsuo Miyajima, ausgelassen – leuchten in einer gegen unendlich gehenden Kombinatorik in unerschöpflichen Variationen. Keep changing, connect with everything, und continue forever sind die drei konzeptionellen Grundlagen von Tatsuo Miyajimas vielseitigem Werk, dessen existenzielle Auseinandersetzung mit Zeit und Zahl in einer Welt, die immer mehr von Zahlen und dem Zählen, dem Messbaren und endlichen beherrscht wird, von beeindruckender Aktualität ist.

 

Peter Halley (*1953, New York City), zentrale Figur des Neo-Konzeptionalismus der 1980er Jahre, ist bekannt für seine "Cells", geometrisch-abstrakte Arbeiten welche die radikal inhaltslosen Codes der historischen Abstraktion in eine poststrukturalistische Lesart überführen. Seine abstrakt-geometrisierenden Gemälde, oft in Day-Glo Leuchtfarbe ausgeführt, thematisieren die Welt als Netz aus strukturellen Bezügen und Abhängigkeiten. Eine Sonderstellung in Halleys Werk nimmt die in der Ausstellung zu sehende Arbeit Explosion aus dem Jahre 2017 ein - eine Explosion aus weichen Grün und Gelbtönen auf Aluminum, die als explosiver Kommentar zu den strengen geometrisierenden Arbeiten des Künstlers lesbar wäre.

 

In der Arbeit Study for Maybe in Another World von Clare Woods (*1973, Southampton, UK) erfolgt die Befragung des (un-)endlichen aus einer zutiefst malerischen Perspektive heraus. Der Titel verweist auf eine andere Welt, gemalt in ephemeren und doch kräftigen Pinselspuren, der Bildausschnitt zeigt uns einen Ausschnitt aus einem - potentiell unendlichen - malerischen Himmel. Das Sujet des Himmels ist neu in Clare Woods umfangreichen Werk, sieht man von den Gemälden der Fenster aus den letzten Jahren ab, in denen der Himmel als eine Ahnung, als Blick aus dem Fenster aufschien. Der Himmel erscheint in Clare Woods Gemälde als Raum, der "über den Dingen schwebt", wie ja der Himmel im westlichen Kulturkreis ein hochgradig symbolisch besetztes Territorium darstellt. In Clare Woods Arbeit ist das Infinite, nicht abgeschlossene, des Himmels nun durch einen starken Ausschnitt definiert, die (potentielle) Unendlichkeit des Raumes über uns überführt in ein Bild aus sublimer Farbigkeit.

 

Lee Ufan (*1936, Gyeongsangnam-do, Korea), prominentestes Mitglied der einflussreichen Mono-ha Bewegung in Japan, Maler, Bildhauer, Autor, Philosoph, nutzt das rohe Material als unhintergehbare Grösse.  Als profunder Kenner der modernen Philosophie und der asiatischen Metaphysik hat Lee Ufan seine künstlerische Praxis mit einer Fülle von theoretischen und philosophischen Schriften verbunden. Westliche Vorstellungen von Repräsentation werden von Lee Ufan kritisch  betrachtet, sein Werk untersucht die Beziehungen zwischen Materialien und ihrer Wahrnehmung. Seine minimalistische Praxis, die von einer außergewöhnlichen Ethik der Zurückhaltung zeugt, schafft über die Leere eine Form der dialektischen Annäherung an das Unendliche.

Die ausgestellte Arbeit Relatum, 1978 kombiniert ein drei Meter langes Seil mit einem 350 Kilogram schweren Stahlblock. Messbare Grössen, Gewicht, Länge, Ausdehnung, Volumen werden dem Betrachter zugänglich gemacht mit der Aufforderung den metaphysischen Gehalt selbst zu prüfen. So spannt die Arbeit den Bogen, um Wittgenstein zu zitieren, zwischen "Die Welt ist alles was der Fall ist" zu "Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen". Die Arbeit war 2011 in der Ausstellung Marking Infinity im Guggenheim New York ausgestellt.

 

Für weitere Informationen zu den Künstler*innen oder Abbildungen können Sie gerne jederzeit die Galerie kontaktieren.

 

(*) “When I make a new Horizon I always imagine that the straight line could go out of my studio, enter the homes of collectors and connect with the others – the artist says – to construct the ‘ideal’ horizon of my life, the union of all those who love and support my work”.

Invitation Infinity Group Exhibition

Tatsuo Miyajima

Born 1957 in Tokyo. Lives and works in Ibaraki, Japan.

 

2012 - 2016 Kyoto University of Art & Design Vice President

2006 - 2016 Tohoku University of Art & Design Vice President

Alberto Garutti

Born in 1948 in Galbiate. Died in 2023.

Lived and worked in Milan

Peter Halley

Born 1953, New York, USA. Lives and works in New York, USA.

Clare Woods

Geboren 1972, lebt und arbeitet in Hereford, UK

Roman Opałka

Born 1931, Abbeville-Saint-Lucien, France. Died 2011, Rome, Italy.

Lee Ufan

Born 1936 in Gyeongsangnam-do, Korea