Jason Martin Vertigo
In seiner ersten Einzelausstellung in der Buchmann Galerie stellt Jason Martin (*1970 Jersey, Channel Islands, UK) eine Gruppe neuer Arbeiten dem monumentalen Gemälde Vertigo gegenüber.
Jason Martin ist ein Maler, dessen Arbeit zwischen Malerei und Skulptur oszilliert. In verschiedenen Werkgruppen hat der Künstler diesen schmalen Grat in den letzten Jahren immer wieder ausgelotet und fein abgegrenzt.
Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden ist Jason Martin mit seinen monochromen Bildern, wie der Arbeit Vertigo, die der Ausstellung den Titel gibt. Im Cinemascope-Format von 2,2 x 5 Metern gemalt, zählt Vertigo zu den grössten Bildern des Malers. Seidenglänzende monochrome Ölfarbe, in dünnen Schichten und sanften Wellen auf den Aluminiumgrund gekämmt, zeichnet die Geste des Malers nach und erzeugt einen Eindruck von Bewegtheit, der an Faltenwürfe, an Landschaften oder geologische Formationen erinnert. Wie ein Vorhang oder ein Schleier sitzt der optische Eindruck zwischen dem Betrachter und der äußerst gespannten Taktilität der Oberfläche des Bildes. Diese die Malerei so kennzeichnende Dialektik des Bewegten und Unbewegten durchzieht das gesamte Werk von Jason Martin. Das Licht modelliert den Pinselstrich und lässt ihn beinahe skulptural erscheinen.
Der Wechsel von der Fläche in die dritte Dimension und die daraus resultierenden optischen und taktilen Reize wird auf eine andere Weise in den Reliefs deutlich. Bei Untitled (Quinacridone Red/ Fluorescent Pink), 2018, erzeugt im Unterschied zu Vertigo oder Ruholla nicht der Lichtreflex den räumlichen Eindruck, sondern die pastose Malerei selber wird zum Raum. Die rohen roten Farbpigmente der Bildoberfläche absorbieren sämtliches Licht. Auch die Materialität der Farbe ist angesprochen: Vertigo und Ruholla sind als Ölgemälde zu identifizieren, bei Untitled (Quinacridone Red/ Fluorescent Pink) hingegen lässt die pudrige Oberfläche keine eindeutige Materialbestimmung zu, womit die Farbe selber, das Rot, zum Bedeutungsträger wird.
Die komplexen Methoden des Farbauftrags dienen dem Künstler dazu, über die Frage nach Illusion und der Rhetorik des Farbauftrags nachzudenken. Malerei ist für Jason Martin auch ein performativer Akt, und die Grenzüberschreitung von Malerei in die Skulptur hinein eine Möglichkeit, das Genre Malerei einer Evaluation zu unterziehen.
Zu dem vielseitigen Werk des Künstlers kommen erstmals Arbeiten aus gegossener Bronze und Neusilber hinzu. Die Geste des Malers, der Pinselstrich, die Spur der Hand in der Farbe, wird in diesen Reliefs überhöht und einer endgültigen Prüfung unterzogen. In Tondo, 2018 wird der Schwung des Rakels, die flüchtigen Spuren der Hand im Körper der Farbe durch das flüssige Metall fixiert und einer möglichen Ewigkeit übergeben. Erst die Farbe, dann das Metall, werden transitorisches Material und wechseln ihren Aggregatzustand zwischen flüssig und fest.
Diese Arbeiten eröffnen ein weites Feld der Assoziationen, von den Ekstasen des Barock hin zu den vulkanischen Eruptionen der Erde. Tondi haben schon in der Antike die Würde und Distanziertheit des Dargestellten hervorgehoben und damit Konzentration geschaffen.
Jason Martin spricht in einem Interview mit Luca Massimo Barbero von einer cryogenic stillness, einem Moment des Gefrierens, das die Reliefarbeiten auszeichnet. Man könnte diese Gefrorenheit übertragen auf den blinden Fleck der Moderne: darauf, dass mit der analytischen Reduktion der Mittel erst die Täuschung und das Spiel der Bedeutung beginnt.
Arbeiten von Jason Martin sind in zahlreichen wichtigen privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten, u.a. im Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington, DC, USA, dem Sprengel Museum, Hannover, der Schaufler Collection in Sindelfingen oder der Thyssen-Bornemisza Art Contemporary in Wien.
Jason Martin
Born 1970 in Jersey, Channel Islands, UK. Lives and works in London and Melides, Portugal.
1990–93 BA (Hons), Goldsmiths, London, UK
1989–90 Foundation Diploma, Chelsea School of Art, London, UK
2000 ‘Premio del Golfo’, Biennale Europea di Arti Visive, La Spezia, Italy
1999 Prizewinner, John Moores 21, Walker Art Gallery, Liverpool, UK
Albright Knox Gallery, Buffalo, NY, USA
Birmingham Museum and Art Gallery, Birmingham, UK
Centro de Arte Contemporáneo de Malaga, Malaga, Spain
Collection Group e Lhoist, Brussels, Belgium
Denver Art Museum, Denver, CO, USA
Deutsche Bank Collection, UK
Es Baluard Museum, Palma de Mallorca, Spain
Fonds National d’Art Contemporain, Paris, France
Government Art Collection, UK
Jersey Museum, Jersey, Channel Islands, UK
Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington, DC, USA
Institut Valencià d'Art Modern, Valencia, Spain
Museum of Contemporary Art, Salzburg, Austria
Kunsthalle Weishaupt, Ulm, Germany
Museo de Bellas Artes de Asturias, Oviedo, Spain
Museum of Modern Art, La Spezia, Italy
NatWest Art Collection, UK
Saastamoinen Foundation, EMMA Museum, Espoo, Finland
Sara Hilden Art Museum, Tampere, Finland
Sprengel Museum, Hannover, Germany
Städtische Galerie Nordhorn, Germany
The Schaufler Foundation, Sindelfingen, Germany
Thyssen-Bornemisza Art Contemporary, Vienna, Austria
Wurth Collection, Kunzelsau, Germany