
Jason Martin Pole Star
Alle Reisen haben eine heimliche Bestimmung, die der Reisende nicht ahnt.
Martin Buber
Die Buchmann Galerie freut sich, die Ausstellung Pole Star des britischen Malers Jason Martin (*1970 auf der Kanalinsel Jersey, UK) in der Galerie anzukündigen.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht ein umfangreiches Konvolut neuer Arbeiten auf Papier, in denen der Künstler mit Farbstoffen arbeitet. Im Gegensatz zu Farbpigmenten, wie sie in Öl- oder Acrylfarben enthalten sind, weisen diese Farbstoffe eine reaktive und komplexe Beziehung zu Feuchtigkeit, Licht und Wärme auf. Damit sind die malerischen Ergebnisse im Prozess für den Künstler teilweise unvorhersehbar und ermöglichen ein interessantes Zusammenspiel zwischen Kontrolle und Zufall.
Die Arbeiten auf Papier wurden auf ausgedehnten Reisen geschaffen, sie sind malerische Reiseberichte, entstanden unter anderem in den Mangrovensümpfen von Bahia, Brasilien. Durch das Wechselspiel der Farbstoffe mit den Elementen – sengende Hitze und tropische Feuchtigkeit – reagieren die Arbeiten auf sämtliche Variablen des Klimas. Die Natur ist somit sowohl Sparringspartner wie Kollaborateur des Malers.
Jason Martin beschreibt diese Arbeiten als „records of a belated naturalism“ – Zeugnisse eines „Naturalismus der Nachträglichkeit“ (*), in dem sich das Imaginäre und das Reale durchdringen. Während der historische Naturalismus bestrebt war, die Natur in ihrer konkreten Erscheinungsform präzise darzustellen, durchdringt Jason Martin die Natur mit seinem Material, in Farbe und Faktur, durch Prozesse, die sich in das Papier einschreiben. Die für diese Papierarbeiten mit ihrer elaborierten Farbgebung entwickelte Technik befähigt den Künstler das zeitgenössisch Sublime einer kontinuierlich fragiler werdenden Natur einzufangen. Die Werke sind Momentaufnahmen einer Begegnung mit Natur und demonstrieren, ohne didaktisch zu sein, mit ihrer üppigen Sinnlichkeit auch die Bedrohung dieser.
Im Dialog mit den Papierarbeiten sind in der Ausstellung neue großformatige Ölbilder zu sehen. Die farbstarken Gemälde loten die Möglichkeiten und Facetten der abstrakten Malerei konsequent weiter aus und balancieren auf der Schwelle zum Figürlichen, Abbildenden. Das titelgebende Gemälde Pole Star wird dominiert von einer gestischen Spur blauer Farbe, die analog zu den Arbeiten auf Papier, zwischen Abstraktion und Konkretion oszilliert. Der Betrachter sieht sich einem reichhaltigen Farbauftrag gegenüber und ist versucht, in dem Gemälde ein Seestück oder die Darstellung eines Himmels zu erkennen. Dieser Eindruck wandelt sich jedoch unmittelbar in einen Anblick üppig sinnlicher Farbgebung. Gleichzeitig sind die in Öl auf Aluminium ausgeführten Bilder eine Meditation über Körperlichkeit, bei denen der weite, armgeführte Schwung des Malers performativ die Möglichkeiten von Malerei und die Grenzen des Körpers aufzeigt.
Jason Martin nahm 1997 im Alter von 27 Jahren an der legendären Ausstellung Sensation: Young British Artists from the Saatchi Collection in der Royal Academy in London und im Hamburger Bahnhof in Berlin teil. Die Buchmann Galerie präsentierte 2018 die erste Einzelausstellung des Künstlers in einer Galerie in Deutschland. Dies ist die vierte Einzelausstellung des Malers in der Galerie.
Jason Martins Arbeiten befinden sich in zahlreichen internationalen privaten und öffentlichen Sammlungen, darunter das Hirshhorn Museum and Sculpture Garden in Washington, DC, die Albright Knox Art Gallery in Buffalo, New York, das Sprengel Museum in Hannover, Thyssen-Bornemisza Art Contemporary in Wien und die Schaufler Stiftung Schauwerk Sindelfingen.
(*) Nachträglichkeit ist ein zentraler Begriff in Sigmund Freuds Konzeption des Unbewussten. Er ist eng verbunden mit dem Phänomen des Erinnerns und dem Aufscheinen verdrängter Erinnerungen in bedeutungsvolle diskursive Symbole.

Jason Martin
Born 1970 in Jersey, Channel Islands, UK. Lives and works in London and Melides, Portugal.
1990–93 BA (Hons), Goldsmiths, London, UK
1989–90 Foundation Diploma, Chelsea School of Art, London, UK
2000 ‘Premio del Golfo’, Biennale Europea di Arti Visive, La Spezia, Italy
1999 Prizewinner, John Moores 21, Walker Art Gallery, Liverpool, UK
Albright Knox Gallery, Buffalo, NY, USA
Birmingham Museum and Art Gallery, Birmingham, UK
Centro de Arte Contemporáneo de Malaga, Malaga, Spain
Collection Group e Lhoist, Brussels, Belgium
Denver Art Museum, Denver, CO, USA
Deutsche Bank Collection, UK
Es Baluard Museum, Palma de Mallorca, Spain
Fonds National d’Art Contemporain, Paris, France
Government Art Collection, UK
Jersey Museum, Jersey, Channel Islands, UK
Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington, DC, USA
Institut Valencià d'Art Modern, Valencia, Spain
Museum of Contemporary Art, Salzburg, Austria
Kunsthalle Weishaupt, Ulm, Germany
Museo de Bellas Artes de Asturias, Oviedo, Spain
Museum of Modern Art, La Spezia, Italy
NatWest Art Collection, UK
Saastamoinen Foundation, EMMA Museum, Espoo, Finland
Sara Hilden Art Museum, Tampere, Finland
Sprengel Museum, Hannover, Germany
Städtische Galerie Nordhorn, Germany
The Schaufler Foundation, Sindelfingen, Germany
Thyssen-Bornemisza Art Contemporary, Vienna, Austria
Wurth Collection, Kunzelsau, Germany