Keramik Seyni Awa Camara, Tony Cragg, Richard Deacon, Martin Disler, Bettina Pousttchi, Rosemarie Trockel, Masaomi Yasunaga
17. März—22. April 2023

Keramik Seyni Awa Camara, Tony Cragg, Richard Deacon, Martin Disler, Bettina Pousttchi, Rosemarie Trockel, Masaomi Yasunaga

17. März—22. April 2023
Buchmann Galerie
Pressemitteilung

Mit der Ausstellung Keramik präsentiert die Buchmann Galerie eine Ausstellung mit Keramikskulpturen von sieben Künstler*Innen, die alle einen bedeutenden Beitrag zur zeitgenössischen Keramikkunst geleistet haben: Seyni Awa Camara, Tony Cragg, Richard Deacon, Martin Disler, Bettina Pousttchi, Rosemarie Trockel und Masaomi Yasunaga. 

 

Keramik ist eine der ältesten kulturellen Ausdrucksformen, die bis in die Altsteinzeit (ca. 24.000 v. Chr.) zurückverfolgt werden kann. Sie wurde seit jeher zu dekorativen, utilitaristischen und künstlerischen Zwecken verwendet. Allerdings hatten bildende Künstler*innen, die mit dem Material arbeiteten, oft ein ambivalentes Verhältnis zur Keramik. Für einige war das Material zu eng mit Handwerk und Design verbunden, während es anderen gelang, das Medium zu nutzen und es in einen freien künstlerischen Ausdruck zu verwandeln. Seit dem Modernismus des 20. Jahrhunderts hat die Hinwendung oder Ablehnung der bildenden Künstler*innen zur Keramik viele Phasen durchlaufen. Interessanterweise steht die Keramik heute – im Zeichen der sich weltweit vollziehenden Digitalisierung unserer Lebenswelt – wieder im Fokus der Künstler*innen. Die Ursprünglichkeit des Materials und die archaische Art seiner Verarbeitung, die sich seit ihren Anfängen nicht wesentlich verändert hat, erscheint wie ein Gegenbild zur artifiziellen Welt der Pixel und Algorithmen, wenngleich die Keramik auch in der Hochtechnologie der Luftfahrt oder der Medizin Einzug gehalten hat. 



 

Ausstellungen wie The Flames im Musée d'art Moderne in Paris im Jahr 2021 oder Toucher Terre in der Fondation Villa Datris im Jahr 2022 zeigten jüngst diese Bandbreite der Keramik in der Kunst. Die Ausstellung Keramik in der Buchmann Galerie konzentriert sich auf künstlerische Positionen, die das Material zweckfrei verwenden und die technischen und formalen Grenzen und seine Anwendung ausloten.

 

Seyni Awa Camara (geb. 1945 in Bignona, Senegal) wurde als Kind von ihrer Mutter in die traditionellen Techniken der Keramik eingeführt. Bald schon wandelte sich ihre Arbeit von der angewandten Keramik hin zu einer originären künstlerischen Praxis. Camara hat eine ganz eigene und ausdrucksstarke Form der Plastik entwickelt, bei der sie Skulpturen von knapp über 40 cm bis hin zu totemistisch anmutenden Arbeiten von bis zu 180 cm Höhe schafft. Die Skulpturen werden von Hand modelliert und auf einem Holzbrennofen im Hof vor dem Haus der Künstlerin gebrannt, gelegentlich unter Zugabe von Erz oder durch Behandlung des Tons mit verfaulten Baumschoten, um der Terrakotta eine brünierte Oberfläche zu verleihen. Ihre figurativen Arbeiten basieren auf Legenden, Beobachtungen, Objekten und Landschaften sowie auf ihren persönlichen Erfahrungen. 

 

Die glasierte Skulptur In Camera von Tony Cragg (geb. 1949 in Liverpool, UK) und die sandgestrahlte weiße Porzellanskulptur mit dem Titel Silent Conversation, die zwei Figuren chinesischer Adliger zeigt, erkunden die Möglichkeiten von Form und Textur. In Camera erinnert an ein Maschinenteil, dessen Funktion offen bleibt und das mit einer dicken Metallglasur geschützt ist. Diese geschaffene Form steht im Kontrast zu den beiden gefundenen dekorativen Porzellanfiguren von Silent Conversation. Die perforierte weiße Oberfläche unterstreicht die Zerbrechlichkeit des Materials. Ihr wohnt eine eigentümliche Stille inne, die wie ein Kontrast zur starken rhythmischen Form von In Camera wirkt.  

 

Bei der Arbeit Flat 59 von Richard Deacon (geb. 1949 in Bangor, Wales, UK) handelt es sich um eine große flache rechteckige Platte aus gebrannter Keramik, die wie ein großer Spiegel oder ein Bilderrahmen an einem Ständer lehnt. Mit seiner Größe und technischen Perfektion ist der Arbeit eine Sonderstellung beschieden. Deacon kombiniert die minimalistische Form mit einer fast expressiven, stark farbigen, malerischen Glasur auf der Oberfläche bzw. einer dünnen roten Glasur an den Rändern, die das Objekt als eine Art Markierungslinie akzentuiert.

 

Martin Disler (1949, Seewen, CH - 1996, Genf, CH) wurde schon immer von Legenden und Mythen der Vergangenheit angezogen. In seinem Werk spielt der Ausdruck von Leben, Liebe und Tod eine zentrale Rolle, wie in der großen unbetitelten Terrakotta-Arbeit aus der Werkgruppe „Steinzeug und gebrannte Erde“ von 1993. In den nassen Ton hat Martin Disler Zeichnungen von Schädeln und Gesichtern geritzt, die nach dem Brennen im Ofen als Spuren der Hand des Künstlers erhalten bleiben. 

 

Die Skulpturen von Bettina Pousttchi (*1971 in Mainz, DE) beziehen sich häufig auf Architektur und ihrer sozialen Implikationen. Ausgehend vom Interesse der Künstlerin an der Transformation funktionaler Objekte, sind ihre Arbeiten in der Ausstellung von architektonischen Schmucksteinen abgeleitet, welche mit einer kräftigen Farbglasur versehen sind. In der Verwendung von vorgefertigten Modulen liegt eine konzeptionelle Verbindung zur Minimal Art und auch ein Bezug zu den Readymades von Marcel Duchamp.

 

Die Arbeiten von Rosemarie Trockel (geb. 1952 in Schwerte, DE) beschäftigen sich mit Themen wie Gender und Identität. Trockels keramische Arbeiten sind komplex und visuell fesselnd. Sie spielt mit traditionellen Formen und Techniken - eine Skulptur in der Ausstellung besitzt eine schwarz-weiße Glasur, die die gesamte Skulptur bedeckt, während das andere Werk unglasiert bleibt - und schafft abstrakte Formen, die die Imagination des Betrachters herausfordern. Die atmosphärische Arbeit mit dem Titel Kinderkrippe weckt zahlreiche Assoziationen. Die Spuren der Hände des Künstlers sind deutlich sichtbar und zeugen von der Kraft und Energie, mit der das Material herausgearbeitet wurde.

 

Die innovativen Arbeiten von Masaomi Yasunaga (geb. 1982 in der Präfektur Osaka, JP) stellen die vorausgesetzte Funktionalität von Keramik in Frage und erforschen die skulpturale Präsenz des Materials. Yasunagas jüngsten Werke sind technisch gesehen keine Keramik, da in den fertigen Formen kein Ton vorhanden ist. Im Gegensatz zu Töpferwaren, die in der Regel aus Ton hergestellt werden und deren Oberfläche mit Glasur überzogen ist, verwendet Yasunaga Glasur als primäres Material für seine Objekte, die in Sand gebrannt und mit einzigartigen Rohstoffen wie Feldspat, Glas und Metallpulvern kombiniert sind. Die zähflüssige Glasur schmilzt, zerfällt und verbindet sich mit diesen Materialien und härtet nach dem Brennvorgang zu einer steinartigen Konsistenz aus. Die so entstandenen Objekte, meist nicht-funktionale Gefäße, Schalen und leere Behälter, haben oft das Aussehen von gefundenen archäologischen Relikten. 

 

Für weitere Informationen zu den Künstlern oder Bilder der Werke in der Ausstellung können Sie sich jederzeit an die Galerie wenden.

Tony Cragg

Geboren 1949 in Liverpool, UK. Lebt und arbeitet in Wuppertal, Deutschland.